02.01.2015

BGH-Lehman-Urteil

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 25. November 2014 entschieden (Az.: XI ZR 480/13), dass eine Bank, die sog. Garantiezertifikate vertreibt, verpflichtet ist, die Anleger ungefragt über Sonderkündigungsrechte der Emittentin aufzuklären.

Der Kläger wähnte sich im November 2007 und im Mai 2008 in Sicherheit, als er auf Empfehlung eines Bankangestellten sog. Garantiezertifikate im Nennwert von ca. 140.000 Euro der US-amerikanischen Lehman Investmentbank erwarb. In dem ihm überlassenen Produktprospekt hieß es u.a.: „100 % Kapitalschutz am Laufzeitende.“ Ferner wurde ihm zugesichert, dass ihm unabhängig von der Entwicklung der Basiswerte am Laufzeitende mindestens 100 % des eingezahlten Kapitals erstattet werde. Daher erstrecke sich sein Risiko darauf, dass am Ende der Anlagezeit evtl. keine Gewinne ausgeschüttet würden.

Dieses erwies sich als Trugschluss, da die Lehman-Bank im September 2008 in Insolvenz fiel.

Der bis dahin optimistische Kläger wurde eines Besseren belehrt, als er das eingezahlte Geld zurückforderte Laut Anleihebedingungen war der Emittentin ein Sonderkündigungsrecht mit der Maßgabe eingeräumt worden, dass Anleger bei einer Kündigung einen Rückzahlungsbetrag erhalten sollten, der dem marktgerechten Wert der Zertifikate abzüglich angemessener Aufwendungen und Kosten entsprach. Danach konnte der Rückzahlungsbetrag unter dem Nennbetrag liegen oder sogar Null betragen.

Unstreitig war, dass dem Kläger beim Kauf der Zertifikate nachweislich nicht die Sonderbedingungen ausgehändigt worden waren und er auch nicht auf das Risiko eines evtl. Totalverlustes seiner Kapitalanlage hingewiesen wurde.

Daher nahm er die beratende Bank in seiner Klage auf Rückzahlung des Anlagebetrages nebst Zinsen, abzüglich zwischenzeitlich erhaltener Zahlungen aus dem Insolvenzverfahren, Zug um Zug gegen Übertragung der Zertifikate in Anspruch – im Ergebnis mit Erfolg. Die Vorinstanzen und der von der Bank in Revision angerufene BGH gaben der Klage statt. Nach richterlicher Auffassung liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung der Bank aus dem geschlossenen Anlageberatungsvertrag vor. Ein Geldinstitut, das einem Interessenten Inhaberschuld-Verschreibungen mit einem zugesicherten Kapitalschutz empfiehlt, muss den Anleger ungefragt über mögliche Sonderkündigungsrechte der Emittentin und einen damit möglicherweise verbundenen Totalverlust aufklären.

Ein Sonderkündigungsrecht stellt einen für die Anlageentscheidung wesentlichen und daher aufklärungsbedürftigen Umstand dar. Das wesentliche Merkmal eines Garantiezertifikats mit 100-% Kapitalschutz ist, dass sich das Risiko des Anlegers darauf beschränkt, mit dem Anlagebetrag während der Anlagezeit möglicherweise keine Gewinne zu erwirtschaften. Dem aber stehe ein Sonderkündigungsrecht diametral entgegen, bei dem der von einer Berechnungsstelle nach billigem Ermessen festzulegende Marktwert den Anlagebetrag unterschreiben oder sogar Null betragen könne.

Im Zusammenhang mit der Lehman-Pleite ist entscheidend auf die Art einer möglicherweise nicht in jedem Fall sachgerechten Beratung abzustellen, so ein BGH-Urteil aus dem Jahr 2011. Zugrunde lag darin die Auffassung eines Klägers, einen Schadenersatzanspruch gegen seine Bank zu haben, da er von ihr nicht über deren Gewinnspanne beim Kauf von Lehman-Zertifikaten aufgeklärt worden sei. Das war dem BGH aber für die Verurteilung der Bank nicht ausreichend. Ein Verkäufer hat eine nicht zu beanstandende Gewinnerzielungsabsicht durch Geschäftsabschlüsse. Der Einkaufsrabatt, den die Bank mit der Lehman-Bank ausgehandelt hatte, hatte im zugrunde liegenden Fall keinen Einfluss auf den Wert der mit einer Garantie versehenen Zertifikate.