30.01.2015

Grobe Fahrlässigkeit bei einem Leitungswasserschaden

Das Landgericht (LG) Gießen hat mit Urteil vom 28. März 2014 entschieden (Az.: 3 O 476/13), dass grob fahrlässiges Handeln eines Versicherten vorliegt, der während des Befüllens seiner Heizungsanlage wegen eines unerwarteten Besuchers den Vorgang unterbricht, indem er nur eines der beiden Ventile schließt und die Anlage anschließend für mehrere Minuten unbeaufsichtigt lässt. Der Versicherer ist dann zur Leistungskürzung berechtigt.

Im Juni 2013 wollte ein Mann und späterer Kläger die im Dachgeschoss seines Hauses befindliche Heizungsanlage mit Wasser auffüllen. Hierzu verband er mithilfe eines Schlauchs einen Anschluss an der Heizungsanlage mit einer in der Nähe befindlichen Wasserzulaufleitung. Über ein Ventil an beiden Anschlüssen war jeweils ein Öffnen bzw. Verschließen durch eine 90-Grad-Drehung des Kugelhahns möglich.

Der Kläger wurde durch Klingeln an der Haustür der Befüllung abgelenkt und unterbrach den Vorgang, vergaß jedoch dabei, das Ventil am Wasserzulauf zu schließen und schloss nur das Ventil an dem Boiler der Heizungsanlage. Aufgrund des geöffneten Ventils am Wasserzulauf stand die Schlauchverbindung unter Druck, so dass sich während der etwa 20- bis 30-minütigen Abwesenheit des Klägers der Schlauch an der Wasserzuleitung löste und das austretende Wasser durch die Geschossdecken bis in das Erdgeschoss drang.

Der Kläger machte den dadurch entstandenen Schaden in Höhe von über 25.000 € gegenüber seinem Gebäudeversicherer geltend und musste sich von diesem den Vorwurf gefallen lassen, den Schaden grob fahrlässig verursacht zu haben. Der Versicherer wollte nur eine Quote von 50 % der Aufwendungen des Versicherten übernehmen.

Das Argument des Klägers ließ der Versicherer nicht gelten, dass der Schlauch mit einer Schlauchschelle gesichert gewesen sei und er daher nicht damit rechnen musste, dass dieser sich lösen würde.

Die Richter des LG Gießen wiesen die Klage des Versicherten auf den Ersatz des restlichen Leitungswasserschadens als unbegründet zurück.

Nach richterlicher Auffassung hat der Kläger in objektiver und in subjektiver Hinsicht grob fahrlässig gehandelt, als er den Füllvorgang der Heizungsanlage unterbrach, ohne den Wasserzulauf zu unterbinden und dann für längere Zeit den Raum verließ. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung könne eine unter Druck belassene Schlauchleitung platzen oder sich, wie im vorliegenden Fall, von der Quetschverbindung lösen. Das gelte unabhängig von dem Umstand, dass der verwendete Schlauch möglicherweise zusätzlich durch eine Schelle gesichert war. Das Zusperren der Wasserzuleitung zur Entlastung eines Schlauches stellt eine allgemeingültige, ohne Weiteres auf der Hand liegende Sicherheitsvorkehrung dar, die der Kläger jedoch außer Acht gelassen hat.

Die Maßnahme wäre dem Kläger trotz des unerwarteten Besuches auch zumutbar gewesen, da der Wasserzulauf sich in nur kurzer Entfernung von der Heizungsanlage befand.

Nach Meinung der Richter hätte der Kläger im Übrigen wissen können und müssen, dass allein das Zudrehen des Ventils an der Heizungsanlage nicht ausreicht, um der durch den unter Druck stehenden Schlauch hervorgerufenen Gefahr eines ungewollten und unkontrollierten Wasseraustrittes zu begegnen.

Daher hat der Versicherer zu Recht wegen grober Fahrlässigkeit nur eine Quote von 50 % der Aufwendungen übernommen.