30.06.2015

Zum Umfang des Versicherungsschutzes bei Schwammschäden

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) hat mit Urteil vom 4. Juni 2015 entschieden (16 U 3/15), dass Versicherungsschutz bei Mitversicherung von Schäden durch Schwamm im Rahmen einer Gebäudeversicherung für den gesamten Schwammbefall des versicherten Gebäudes und nicht nur hinsichtlich der innerhalb der Vertragslaufzeit konkret nachgewiesenen Befallstellen zu gewähren ist.

Ein Mann und späterer Kläger war Eigentümer eines mehrgeschossigen Hauses, für welches er bei dem beklagten Versicherer eine Gebäudeversicherung abgeschlossen hatte. Im Rahmen des Vertrages waren u.a. Schäden durch holzzerstörende Pilze (Schwamm) sowie Hausbockkäfer mitversichert.

Nach Vertragskündigung durch den Kläger, entdeckte er kurz vor Vertragsablauf einen erheblichen Schwammbefall, den er dem Versicherer meldete, welcher von ihm noch vor Vertragsablauf genaue Angaben und Nachweise verlangte, aus denen sich der Befall mit einer versicherten Schwammart ergibt.

Daraufhin beauftragte der Geschädigte einen Gutachter, der 36 Proben aus dem Bauholz des Gebäudes entnahm, von denen 24 dieser Proben einen Befall durch Hausschwamm ergaben.

Zwar erklärte sich der Versicherer daraufhin bereit, die Kosten der Sanierung der von dem Sachverständigen festgestellten Schadstellen zu tragen, wies aber den Versicherten gleichzeitig darauf hin, dass er für bisher nicht angezeigte Befall-Bereiche nicht einstehen werde, da es sich dann um neue Schadenfälle nach Ablauf des Vertrages handeln würde. Eigene Ermittlungen unterließ der Versicherer.

Kurz nach Vertragsablauf wurde ein weiterer großer Befall durch Hausschwamm festgestellt. Für den wollte der Versicherer unter Hinweis auf seine vorherige Aussage jedoch nicht einstehen.

Vor Gericht klagte der Versicherte auf Feststellung, dass sein Ex-Versicherer für die Kosten der Beseitigung des gesamten Schwammbefalls, d.h. auch für die nachträglich festgestellten Schäden, aufzukommen habe.

Der 16. Zivilsenat des OLG gab der Klage statt, da sich nach richterlicher Ansicht eine Beschränkung auf nur jene Schäden aus den Versicherungs-Bedingungen nicht entnehmen lasse, die bis zum Ende der Vertragslaufzeit positiv festgestellt und der Versicherung konkret angezeigt wurden.

Laut Bedingungen beginnt der Versicherungsfall, sobald der Versicherungsnehmer von dem Schadenereignis Kenntnis erlangt, spätestens mit der Feststellung des Schadens durch den Versicherer.

Aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist damit die Vorstellung verbunden, dass das Gebäude von einem Pilz befallen ist, der Pilzbefall wahrgenommen wird – womit der Versicherungsfall eingetreten ist – und dann sämtlicher festgestellter weiterer Schwamm vollständig beseitigt wird. Dies wird verständiger Weise auch der typische Fall eines Schadens durch Schwamm sein.

Regelmäßig werde nämlich zunächst eine einzelne Stelle auffällig werden und dadurch dem Versicherungsnehmer zur Kenntnis gelangen. Dessen Meldung ziehe dann weitere Untersuchungsmaßnahmen nach sich, die in der Regel einen weiteren Befall zu Tage fördern, dessen Sanierung insgesamt Inhalt des Versprechens des Versicherers sei.

Andernfalls könnte der Versicherer den Umfang seiner Leistungspflicht allein dadurch reduzieren, dass er – wie vorliegend - die nach der ersten Schadenmeldung vorgesehenen eigenen Feststellungen unterlässt oder verzögert.

Daher muss der Versicherer nach dem richterlichen Urteil auch für die erst kurz nach Vertragsablauf festgestellten Schäden aufkommen.